Erinnerungen an Peter Thöresz
Te Thöresz Peter verzehlt seinen hiesichen Landsleit - von Wilhelm Weber (HB 1993)
Mer han so e scheen Heimat khat, e jede hat sei Hem gere, awer ich men et geft nor en Banat uf der Welt.
Un wann ich zruckdenge, saa mer mol so korz vor der Ernte, mer han gsaat de Schnitt, wann mer do nauskomm is un in some Fruchtflur war, Winterflur, mer han so in der Zeit immer so e bissi Wind khat, die Luft hat sich so bissi beweht, un wann die Frucht - mer han Frucht gsaat zum Weize - so korz vor der Ernte war, so goldgelb war, ein Ährenmeer, un wann mer do drinn gstan hat als Einzelne, un wann mer no Bauer war un sich als das gfiehlt hat, Leit ich kann eich net beschreiwe, wie scheen das war. Wie das de Mensch doch erfreit hat un zum Herrgott gführt hat, o jo zum Herrgott gführt hat.
Oh ich kann eich saan Leit, et is uns gut gang dort in dem Banat. Gewiß mer ware fleißich, mer han vill gearweit, awer mer haade a etwas. Un wann mer im Winter no, wann Schnee gelee hat, Schliede gfahr sin, ja do hätter unser Pher mol solle gsiehn, wie die ufgeputzt ware, un wie die geglanzt han, wie die geperscht ware, und gstrieglt un wie das Gscherr, das Pherdsgscherr gewichst war, un wie die Schliede so scheen ware, un wie die Buwe ihre Fräd do dran hade, wann se ihre Mädcher dorch die Dorfgasse gfehrt han.
Ja un die lange Oweter no im Winter. Ja no sin mer freilich oweds zammgang. Bei uns hat die Spinnreih noch tatsächlich existiert. Mer sin zammekumm jede Owed reihum, die Nochberschleit, do, vielleicht sechs oder acht Nochbre han sich zammgstellt, heit Owed do, morje Owed beim anre Nochber, un so is das reihum gang de ganze Winter. Samschtachs oweds net, do han die Weiwer sauwer gemach khat, no is mer derhem gehlieb, daß Sunntachsmorjets scheen is.
Awer vom Sunntach bis Freitachowed, e jede Owed ware mer beinaner. Na, was mer gemach hann? Die Weiwer han gstrickt oder gheglt, awer meischteteils hann se gstrickt. Un die Männer, na die hann sich verzehlt un hann Karte gspillt, hann a mol Dorfpolitik gemacht und wann mol ganz scheen gang is, hann se all mitnaner gsung.
Un Sunntachsoweds war et ganz Johr dorch öffentlicher Tanz, ausgenommen die Erntezeit im Sommer un die Faschtezeit un die Adventzeit. Awer sonscht ke Sunntach ohne gemeinsame Tanz.
Ja un ich kann eich saan, do war alles, et ganz Dorf, do hat kene gfehlt.
Oh was ware mer luschtiche Leit, im e jede Dorf hamer unser Blechmusikkapell khat, in manche Derfer a zwaa Kapelle. Ja ich kennt eich so noch manches saan, awer ich men ich hann eich vill verzehlt. Un das was ich eich gsaat hann, das is so, daß ich das alles selwer erlebt hann.
Das stimmt, das is grad so, wie ich eich das gsaat hann. Also so hann mer Banater gelebt un ich hann eich verzehlt von Billed.
Erinnerungen an Peter Thöresz - von Peter Krier (HB 2016)
25 Jahre sind seit dem Tod von Peter Thöresz vergangen, 250 Jahre werden im April vergangen sein, seit sich sein Vorfahre Mathias Tyres mit seiner zehnköpfigen Familie in Billed niederließ. Sie kamen 1766 aus Altrich, bei Wittich an der Mosel, aus dem Trierischen.
Die Thöresz (Döres, Tyres) Sippe lebte über 10 Generationen in Billed. Sie waren überwiegend Bauern, tüchtige Bauern, aber auch Notare, Ärzte, Ingenieure und Handwerker. Viele von ihnen haben sich im Gemeinschaftsleben unseres Heimatdorfes eingesetzt.
Auch der Bauernsohn Peter Thöresz jun. (1909-1990) war schon als Jugendlicher im Deutsch-Katholischen Jugendverein engagiert und für drei Jahre dessen Obmann. In diesem kulturell vielseitig aktiven Jugendverein kam er in Berührung mit der Banater Siedlungsgeschichte und entwickelte ein besonderes Volksbewusstsein.
Peter war der Älteste von vier Brüdern und musste schon früh auf dem Hof mitarbeiten, wobei der Arbeitstag sich manchmal über 16 Stunden ausdehnte. Dennoch fand er Zeit und Freude, am geselligen Leben und am ganzen Geschehen im Bauerndorf teilzunehmen. Als sich die Gelegenheit zum Fortbilden bot, besuchte er die einjährige Märkische Bauernhochschule in Gransee bei Potsdam und machte einen „Freiwilligen Arbeitsdienst“ in der Eifel.
Nach dem Militärdienst heiratete er Elisabeth Korreck aus Lovrin und übernahm den dort geerbten Bauernhof. Wie viel er von dem Erfahrenen und Gelernten im Banat noch umsetzen konnte, wissen wir nicht, denn schon bald kam der Krieg, auch ins Banat. Peter Thöresz flüchtete 1944 mit seiner Familie aus Lovrin und fand zunächst ein Zuhause in Baden-Württemberg. Von hier zog die Familie mit ihren vier Töchtern in das Saarland, wo sie sich in Bexbach ein neues Zuhause schuf.
Im rückgegliederten Saarland (1957) hat die Donaudeutsche Landsmannschaft zusammen mit der Saarländischen Landesregierung ein großes Siedlungsprojekt gestartet, wonach im Saarland um Homburg zwölf donaudeutsche Siedlungen entstanden sind. Dabei gab es 605 Nebenerwerbs-Siedlerstellen für vertriebene Bauern und ein Projekt zum Aufbau von Wohneinheiten. Träger dieses Projektes waren von der Landsmannschaft gegründete Siedlungsgenossenschaften.
Neben Karl F. Waldner, dem Initiator und Leiter dieses Projektes, war Peter Thöresz einer der Motoren dieses großen Bauvorhabens. In einem Brief Waldners schreibt dieser 1986 an Thöresz: „Wenn wir 605 Siedler Ihres Typs gehabt hätten, so hätte man die Welt aus den Angeln herausheben können“. Er sei ein nachahmungswürdiges Beispiel, beim Reden klar und in der Tat mutig.
Selbstverständlich war für Peter Thöresz sein Engagement in der Landsmannschaft, auch hier gehörte er zu den Aktiven und Einsatzbereiten. Die Billeder hat er schon in den 50er Jahren zusammengeführt, zu den Bundesheimattagen gerufen und Billed in den landsmannschaftlichen Gremien vertreten. Auch hier war sein Einsatz, zu seiner Zeit, beispielhaft. Ich habe ihn nie zaghaft erlebt.
In Berlin im Frühjahr 1934 - von Peter Thöresz (HB 1988)
Obwohl ich nicht zum Kreis unserer prominenten Landsmannschaftsvertretung gehöre, sei mir doch gestattet, unserem Landsmann Komanschek zu seinem 60. Geburtstag einige Glückwunschzeilen aus-zusprechen und mich an einige Begegnungen mit ihm zu erinnern.
Ich selber entstamme einem Bauerngeschlecht aus der Banater Heidegemeinde Billed. Von Kind auf war ich an die harte Arbeit in unserer Wirtschaft - wir sagten Gerechtigkeit - gewöhnt. In den Arbeitsspitzenzeiten wurde ich doch recht müde, weil sich die Arbeit oft über 14 und 16 Stunden ausdehnte.
Dennoch hatte ich noch Zeit und Freude an dem geselligen Leben unseres Bauerndorfes. Taufen, Hochzeiten, Kirchweihfest und der sonntägliche Tanz interessierten mich immer sehr, und ich nahm am ganzen Geschehen unseres Dorfes starken Anteil.
Als man 1927 in Billed den „Deutsch-katholischen Jugendverein" gründete, war ich mit 18 Jahren auch dabei und wurde für einige Jahre dessen Obmann. Im Jugendverein wurde ich durch die Arbeiten der Professoren Wilhelm und Kallbrunner aus München auf die Geschichte der Einwanderung ins Banat aufmerksam, suchte und fand meinen Vorfahren Mathias Tyres, welcher am 10. April 1766 aus Altrich im Kreis Wittlich an der Mosel nach Billed im Banat eingewandert war, und beschloß, wenn es nur irgend geht, einmal nach Deutschland zu fahren und die Moselgegend aufzusuchen.
Als ich dann von der Möglichkeit hörte, einen Baunernschulkurs in Henkenhagen bei Stettin in Pommern zu besuchen, war ich kurz entschlossen. Anschließend praktizierte ich drei Monate im Winter 1933/34 machte ich dort einen Lehrgang mit.
Anschließend praktizierte ich drei Monate an einer dörflichen Genossenschaft in Pommern und besuchte noch einen sechswöchigen Lehrgang in der Bauernschule in Gransee. Hier hatte ich die Anschrift eines Banater Landsmannes, des Studenten der Landwirtschaft Sepp Komanscheck, in Berlin erfahren, welcher dort in der Studentenschaft führend tätig sein sollte. Ich kannte ihn zwar nicht persönlich, aber allein die Tatsache, daß er Banater war, genügte mir und ich fuhr nach Berlin.
Zuvor hatte ich ein wenig Angst vor dieser meiner ersten Millionenstadt, aber ich hatte Glück und vom Stettiner Bahnhof bis zur Georgenstraße am Bahnhof Friedrichstraße waren es nur einige hundert Meter. Meine Adresse war aber nicht die Wohnung meines Banater Landsmannes, sondern sein Büro, besser gesagt die Geschäftsstelle des „Bundes Auslandsdeutscher Studenten".
Es war abends, die Hausverwalterin war aber gnädig und ließ mich dort übernachten. Am nächsten Tag lernte ich dann Komanschek, er war, wie ich in-zwischen festgestellt hatte, der Gründer und Vorsitzende dieser Studentenvereinigung, kennen.
Wir freundeten uns sofort an und blieben Freunde fürs ganze Leben, obwohl wir uns manchmal jahrelang, ja sogar über ein Jahrzehnt nicht gesehen hatten.
Ich habe es damals Komanschek hoch angerechnet, dass er sich gleich mit mir beschäftigte, obwohl ich doch gar nicht Student, sondern ein Jungbauer war und er doch sicher mit seinem Studium und seinen Studenten aus aller Welt genug zu tun hatte.
Er unterhielt sich stundenlang, nach Büroschluß, mit mir. Ich staunte, wie gut er sich in den Banater Dörfern, auch in meiner Heimatgemeinde Billed, auskannte und wurde sehr aufmerksam, als er sich recht kritisch über unsere gesellschaftlichen Probleme, die Kinderarmut und die teilweise noch konservativen Methoden in der Landwirtschaft äußerte.
Er riet mir, nicht so schnell nach Hause zu fahren, denn ich käme als Bauer nicht mehr so schnell nach Deutschland, sondern die Zeit zu nutzen und vielleicht noch eine Landwirtschaftsschule zu besuchen.
Als ich ihm erzählte, ich wollte gerne meine Vorfahren an der Mosel aufsuchen, überlegte er eine Weile, dann begann er in ganz Berlin herumzutelefonieren - so schien es mir jedenfalls damals - und vermittelte mich schließlich, als ich damit einverstanden war, in den „Freiwilligen Arbeitsdienst" nach Prüm in der Eifel, damit wäre ich meinem Ziel an der Mosel schon wesentlich näher.
Komanschek hatte immer zu tun, aber er sah jeden Tag nach mir, sagte mir auch, was ich mir tagsüber ansehen könnte. Wir gingen manchmal auch zusammen zum Mittagessen in die Studentenmensa oder zum Aschinger und hatten immer viel miteinander zu erzählen. Besonders lehrreich für mich waren unsere Unterhaltungen über das Genossenschaftswesen und Komanschek sagte mir, dass er seine Diplomarbeit über das deutsche Genossenschaftswesen in Südosteuropa schreibe.
Die Berliner Zeit ging eigentlich viel zu schnell vorbei, aber ich musste oft, sehr oft an sie denken. In Prüm im Arbeitsdienst war ich als Auslandsdeutscher sehr freundlich aufgenommen, sicher hatte mich Komanschek über irgend einen seiner Freunde schon avisiert gehabt. Ich musste einen Vortrag über meine Banater Heimat halten. Von hier aus fuhr ich mit vierzig Mann zu einer großen Arbeitsdienstkundgebung nach Nürnberg und zu einer zweiten Veranstaltung auf den Ehrenbreitstein gegenüber von Koblenz.
Im September 1934 fuhr ich dann endlich nach Altrich bei Wittlich und fand schließlich, was ich so lange ersehnte, die Familie meiner Vorfahren. Ich wurde von ihnen sehr freundlich begrüßt und war acht Tage Gast bei meinen dortigen Namensvettern.
So auf dem Heimweg, war ich noch einige Wochen in Stuttgart und habe mich etwas im bäuerlichen Genossenschaftswesen um-gesehen, denn Komanschek hatte mir geraten, dies auf jeden Fall noch zu tun. Nach über einjährigem Aufenthalt packte mich dann das Heimweh, und ich fuhr wieder in mein Banater Heimatdorf.
Diese Zeit in Deutschland - im Reich, wie wir damals sagten - hat mein Leben ganz entscheidend geformt und ich habe oft dankbar an meine Lehrer und Helfer, besonders aber an Freund Komanscheck, denken müssen. Ich heiratete bald, übernahm den väterlichen Besitz, wurde also selbständiger Bauer und begegnete Komanschek in seiner Tätigkeit für Genossenschaftswesen und Bauerntum immer wieder.
Ich bewunderte dabei seinen unerschrockenen und konsequenten Einsatz für unsere völkischen Belange innerhalb wie auch außerhalb unserer Volksgruppe in Rumänien.
Seiner gründlichen Fach- und Sachkenntnis und seinen klugen Entscheidungen war es wohl zu verdanken, daß der Banater Genossenschaftsstreit, der praktisch alle deutschen Dörfer erfasste und auch Sippen und Familien in Unfrieden versetzte, endlich beigelegt werden konnte.
In den Kriegsjahren verloren wir uns dann aus den Augen, aber wenn man sich sah, unsere Frauen kannten sich auch gut, war es immer eine große Freude. Ja, lieber Sepp, was war das eine Freude, als wir uns nach vielen, vielen bitteren und schweren Jahren endlich in Stuttgart bei unserer Banater Landsmannschaft wieder gefunden haben.
Entwurzelt, heimatlos, alles, fast alles hatten wir verloren. Nur das nackte Leben hatten wir und unsere Familien gerettet. Du aber warst voller Zuversicht, Energie und Hoffnung. Du hast mir von Deinen Bauplänen erzählt und von der Notwendigkeit gesprochen, in der Landsmannschaft fest zusammenzuhalten, um denen daheim besser helfen zu können.
Du warst trotz zehn Jahren Sibirien doch der alte geblieben und das hat auch mir, obwohl ich gesundheitlich schlecht dran war, wieder Mut gemacht. Du hast mir dann später den Weg ins Saarland gezeigt, wo ich als ehemaliger selbständiger Bauer zwar Hilfsarbeiter, aber als Nebenerwerbssiedler doch wenigstens wieder etwas eigenen Boden unter den Füßen haben kann. Inzwischen bin ich Rentner geworden.
Du kannst noch arbeiten und tust dies auch in reichlichem Maße, aber in der Landsmannschaft können wir uns wenigstens, wenn auch nur selten, so doch immer wieder mal sehen. Unsere Freundschaft, die wir in jenen Frühlingstagen in der damaligen Reichshauptstadt in Berlin geschlossen haben, hat sich bewährt.
Du bist inzwischen Württemberger und ich Saarländer geworden.
Unser schönes, unser einmaliges Banat ist nicht mehr das, was es war. Das fleißige, sparsame, tüchtige freie Bauerntum ist dort vernichtet. Du und ich, Du als gelernter Genossenschaftler und Landwirtschaftsdirektor und ich als ehemaliger Bauer, und alle, die dort ihre Heimat hatten, tragen sie im Herzen, solange es uns gegeben ist.
Lieber Sepp, Dein alter Billeder Freund und Kamerad ruft Dir zu: Dir und den Deinen noch viele glückliche Jahre! Dein Peter Thöresz
Lehr- und Wanderjahre des Peter Thöresz - von Helga Kerner-Thöresz (HB 2002)
Nach Jahrzehnten ein Kommunionbild vergrößern zu lassen, ist gewiss eine alltägliche Angelegenheit. Zunächst aber mussten 6 rostige Nägelchen aus dem gold-bronzierten Rahmen entfernt werden mit dem Vermerk auf der Rückseite: „Lei 211“.
Doch die Überraschung war perfekt, als nach Lösen des festen Deckels neben einem weiteren Kinderbild aus Lovrin ein drittes Bild aus dem Jahre 1934 von der Märkischen Bauernhochschule Gransee, im Bezirk Potsdam, herausfiel.
Eine Gruppe junger Männer mit ihren Lehrern ist darauf zu erkennen, die aufmerksam dem Fotografen entgegensehen. Warum dieses Bild zwischen Kinderfotos über lange Zeit verborgen war, ist aus heutiger Sicht eigentlich unerfindlich, verleiht dem Ganzen jedoch eine zusätzliche Bedeutung. Mein Vater, Peter Thöresz, sitzt gut erkennbar auf einer langen Bank in der ersten Reihe dieser Gruppe, und zwar auf der rechten Außenseite. Das Bild ist meinen Großeltern in Billed gewidmet, wie aus sauberer Tintenschrift von damals hervorgeht.
Dieses plötzlich aufgetauchte Gruppenbild verpflichtete fast zum augenblicklich einsetzenden Recherchieren in Gransee. Unter anderem erfuhr ich hier aus dem „Ruppiner Kreiskalender von 1936 - Die Kurmärkische Bauernschule Gransee - von Ewald Große“, dass die Märkische Bauernhochschule erstmals in Neuruppin schon seit Winter 1823/24 (!) existierte und Jungbauern-Lehrgänge angeboten hat.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurden im Herbst 1933 in angemieteten Räumen des ehemaligen Franziskanerklosters Gransee von der Deutschen Bauernhochschulgenossenschaft diese Lehrgänge übernommen. Nun wurde Gransee zum Mittelpunkt jener Schule für Jungbauern und Jungbäuerinnen - streng getrennt nach Geschlechtern - für das ganze Reich.
Im Frühjahr 1935 konnte ein Neubau (das heutige Wald - Krankenhaus) außerhalb der Stadt eingeweiht werden. Der Unterricht umfasste fortan außer den modernen Neuerungen in der Landwirtschaft auch den Auftrag, bei allen Schülern den Kampfgeist im Sinne des Nationalsozialismus zu wecken.
Freiherr A. von Wangenheim, Mitbegründer und Initiator dieser Schule, der auch als Lehrer tätig war, ist untrennbar mit der Märkischen Bauernhochschule verbunden. Mit Sicherheit hat sich der adlige Herr mit-ablichten lassen und befindet sich inmitten seiner Schützlinge. Jedenfalls schien er bei seinen Schülern allseits respektiert und beliebt zu sein. Mein Vater wurde von ihm aufgefordert, in mehreren Vorträgen über das Banat zu berichten, was ihm bei seiner rhetorischen Begabung sicher entgegenkam.
Neben den Sehenswürdigkeiten in Gransee, wie das Ruppiner Tor, Schinkels Luisen-Denkmal und der spätgotischen Backsteinhallenkirche St. Marien, schwärmten die jungen Männer zu weiteren Exkursionen auch in entferntere Gegenden aus. Für jede Schülergruppe waren Ausflüge ins nahe Potsdam und nach Berlin obligatorisch. Diese gemeinsamen Unternehmungen, von denen mein Vater zuweilen berichtete, waren ein Leben lang bei ihm unverbraucht und lebendig geblieben. Wie viel theoretisches und praktisches Wissen er in der Heimat noch umsetzen konnte, ist fraglich, weil der Krieg sich schon abzeichnete.
Jahre vorher hatte er über Bücher erfahren, dass seine Familie (unter dem Auswanderer Mathias Thiress 1765) aus Altrich bei Wittlich stammt. Sein Aufbruch an die Mosel war ihm seither ein besonderes Anliegen. Ein Empfehlungsschreiben vom damaligen Direktor des Jugendbundes in Temeswar, Josef Nischbach, sollte ihm die Suche nach Verwandten in Altrich erleichtern.
Tatsächlich wurde die Familie Wilhelm Döres in Altrich aufgespürt. Eine Verwechslung war ausgeschlossen, da er in den Gesichtszügen dieses Nachfahren, über Generationen hinweg, jene seines eigenen Vaters wieder erkannte. Die herzliche Aufnahme und der 8-tägige Aufenthalt in der Familie setzten sich in dem nachfolgenden regen Briefwechsel mit den beiden Söhnen des Hauses fort. Von da an waren Nachrichten von Altrich nach Billed mit Rückantwort selbstverständlich geworden.
Seit dieser Zeit standen auch Reisen ins Schwabenland, vornehmlich in den Stuttgarter Raum, für meinen Vater immer wieder auf dem Programm. In Württemberg fühlte er sich offenbar am wohlsten. Nach Flucht und Vertreibung war daher auch für viele Jahre hier unsere erste Bleibe. Warum er sich letztlich mit seiner Familie im Saarland niedergelassen hat, dafür gibt es einige Gründe. Vielleicht ist einer, dass die Mosel nur einen Steinwurf entfernt ist.
Das Gruppenbild mit den gut gelaunten Männern von der Märkischen Bauernhochschule ist übrigens nach Gransee zurückgekehrt. Das dortige Heimatmuseum hat ihm einen angemessenen Platz eingeräumt und Schüler wie Lehrer von damals wären sicher mit dieser Unterbringung zufrieden.
Das Kommunionkind Helga Thöresz befindet sich nach „kurzem Aufenthalt im Freien“ wieder in seinem alten gold-bronzierten Rahmen. Dicht daneben hängt ein Keramiktäfelchen aus dem Palais Adelmann zu Ellwangen/Jagst, datiert vom 4. 4. 1948 mit dem Spruch: „Fest soll mein Taufbund immer stehen“, von Gräfin Irina Adelmann zu diesem Anlass eigenhändig gefertigt und dem Kommunionkind überreicht.
Die 6 rostigen Nägelchen aber, die den Rahmen über ein halbes Jahrhundert festgehalten haben, werden in einer französischen Moccatasse aufbewahrt, denn eine wesentliche Besonderheit weisen sie allemal auf: „Sie sin vun drhem“.
Nachsatz: Mein besonderer Dank gilt Herrn Karl-Heinz Rassmann, dem Leiter des Heimatmuseums in Gransee, der mir auf unbürokratische und angenehme Weise ein Recherchieren ermöglicht hat.
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