Anglereldorado an den Billeder Gewässern
Gewässer für Naturfreunde, Jäger und Angler
In zwei unserer Heimatblättern beschäftigte ich mich mit einem Thema, das mir als Naturfreund und Angler sehr am Herzen lag. Auch jetzt, nach gut 30 Jahren, muss ich eingestehen, dass die Fotos von den Billeder Gewässern in mir eine Sehnsucht und unvergessliche Erinnerungen an die schönen, erholsamen Stunden in freier, damals noch unzerstörter Natur wecken.
Naturfreunde, Jäger und Angler hatten ihre Freude an den zahlreichen Gewässern und fanden Erholung vom Alltag bei ihrem schönen und gesunden Zeitvertreib.
Leider bestehen diese vielen, in ihren Uferzonen mit Schilfgürteln und Röhricht bewachsenen Teiche in der unmittelbaren Umgebung Billeds und im Großen Ried zwischen Billed und Knees nur noch auf Fotos und in meiner Erinnerung.
Infolge der Kanalisierungsarbeiten am Jer-Bach und dem Warjascher Graben in den Jahren 1972 und 1973 wurden beide Bachläufe in vertiefte und enge Bachbette gezwängt und das Wasser aus allen ihnen entlang liegenden – meist sehr fischreichen – Teichen abgeleitet und so zum Austrocknen gebracht.
Rückblick in die Geschichte
Um zu verstehen, warum es gerade im Großen Ried noch so viele Teiche und Wasserstellen gab, muss in die Geschichte zurückgeblendet werden.
Nachdem das unwirtliche und von großen Sumpfflächen bedeckte Banat von Prinz Eugen und seinen kaiserlich-österreichischen Truppen von der 164 Jahre währenden Türkenherrschaft rückerobert war und 1716 die damals türkische Festung Temeswar kapituliert hatte, wurde 1727 unter dem ersten Gouverneur des Banats Graf Mercy mit der Entsumpfung der „Großen Moräste“ begonnen.
Durch ein weitverzweigtes, von Ing. Fremaut projektiertes Kanalsystem an der Bega konnten diese Entwässerungs- und Trockenlegungsarbeiten verbessert und ausgedehnt werden. Der im Laufe dieser wassertechnischen Arbeiten entstandene Bega-Kanal und sein Kanalsystem trugen wesentlich dazu bei, dass die meisten Sümpfe, die bis dann eine Besiedlung der Banater Heide nicht zuließen, trockengelegt wurden und damit die Besiedlung dieser entwässerten Heidelandschaft ermöglichte. So konnte in den Jahren 1765-66 unsere Heimatgemeinde Billed auf dem „praedium Billiet“ genannten Weidegrund erbaut und besiedelt werden.
Die Sümpfe in Tälern und Bodensenken – wie die im Großen Ried – blieben zum Großteil erhalten. Erst die Kanalisierungsarbeiten an dem dieses Ried durchfließenden Jer-Bach ermöglichten 1972-73 die Trockenlegung der dort befindlichen Teiche und versumpften Stellen wie auch ein Absenken des sehr hoch liegenden Grundwasserspiegels. Wenn ich nach starken Regenfällen zum Angeln unten im Ried war, brauchte ich unbedingt Gummistiefel, weil an vielen Stellen das Grundwasser bis an die Erdoberfläche angestiegen war und auf gleicher Höhe mit dem Wasserspiegel der Teiche stand.
Begradigungen und Überläufe
Obwohl der vermutlich 1912 angelegte sogenannte „Walegrawe“ den Lauf des Jer-Baches vom Eichenwäldchen bis zur „Schließ“ begradigte, aber das ursprüngliche Bachbett nicht trockenlegte, verblieb dieses und bildete einen Altarm (Toter Arm) des Jer-Baches. Dieser Wasserarm schlängelte sich entlang eines Teils des östlichen Gemeinderandes an den Gartenenden der sich dort befindlichen Häuserreihe vorbei. Er verbreiterte sich dann auf der Hutweide zu einem U-förmigen Teich, der sich - je Wasserstand – auch bis zur Landstraße ausdehnte.
Nachdem der sogenannte „Warjascher Graben“ die Gemeinde im Süden umfloss, unter der Eisenbahnbrücke und der Landstraßenbrücke hindurchfloss, mündetet er in diesen Teich auf der Hutweide. Dieser hatte mittels eines breiten Betonrohres an der ehemaligen Wassermühle eine Verbindung zum Hanfwasser, das sich bis zum Damm des „Walegrawes“ hinzog. Dem gegenüber bildete der sich verzweigende Jer-Bach nach Osten fließend die „Schließ“ und nach Norden das sogenannte „Hufeisen“, das in einem Bogen die „Schließ“ umrundete, um sich danach wieder zum Jer-Bach zu vereinigen (früher auch Schwarzes Wasser) und östlich, Richtung Kleinbetschkerek, weiterzufließen. Mittels eines von Hand ausgehobenen Kanals hatte der Teich auf der Hutweide nach der „Schließ“ eine Verbindung mit dem Jer-Bach, den man auch „Marasch“ nannte.
Sowohl der Altarm des Jer-Baches entlang der Gartenenden wie auch das „Hufeisen“ und besonders der damit verbundene „Potescher Lake“ bildeten ein ergiebiges Betätigungsfeld für Angler und Jäger. Die freie Wasseroberfläche des von Schilfgürteln und Röhricht umgebenen „Poteschen Lakens“ konnte man nur mit einem in Billed „Schinakel“ genannten Kahn erreichen, um angeln zu können.
Wasser- und Sumpfgetier in ihrem Element
Wie in allen Billeder Gewässern fühlten sich auch hier Hechte, Karpfen, Karauschen, Giebel (Karasse), Schleien, Barsche, Zwergwelse, Rotfedern, Rotaugen (Plötzen) wie auch verschiedene Arten von Wildenten, Bisamratten, Fischotter und anderes Wasser- und Sumpfgetier in ihrem Element. Am Jer-Bach, wo dieser beiderseits der Sauerländer-Brücke zu Teichen verbreitert war, standen Fischreiher im seichten Uferwasser, fingen Fische und Frösche.
Neben dem schon erwähnten gefiederten Wild war es am interessantesten, den sich im Wasser tummelnden Bisamratten und dem Spiel ihrer Jungen zuzusehen, ohne dass diese sich vor dem Menschen fürchteten, da er ihnen nicht zu nahe kam. Diese friedliche Idylle veränderte sich, als die Felle dieser Tiere bei den staatlichen Aufkaufsstellen DCA gut bezahlt wurden. Damen-Mäntel und -Jacken aus Bisamfell wurden zu Modeartikeln.
So begann eine Hetzjagd auf diese Tiere und viele von auswärts kommende Jäger füllten sich ihre Rucksäcke mit den von ihnen erlegten Bisamratten.
Und so plötzlich wie die Bisamratten an unseren Gewässern aufgetaucht waren, so schnell sind sie auch wieder verschwunden bzw. ausgerottet worden. Ich erinnere mich noch genau an eine Begegnung mit dem damaligen Nachtwächter der Kollektiv-Gärtnerei. Der war auch Jäger und hatte morgens, als er aus seiner Nachtschicht kam und ich mit dem Fahrrad zum Angeln fuhr, seinen Rucksack mit erlegten Bisamratten vollgestopft.
Ähnlich wie die Bisamratten verschwanden auch die Fischotter.
Mit und ohne Angelschein
Nicht nur im Jer-Bach, wo meistens mit verbotenen Reusen gefischt wurde, in den letzten Jahren auch keine Hebnetze mehr zugelassen waren, sondern auch in den fischreichen Teichen bis hinunter ins Große Ried wurde von autorisierten Anglern, aber noch viel mehr von Schwarzanglern geangelt.
Nachdem dieser Fischreichtum bei den Temeswarer Anglern bekannt wurde, kamen diese mit Motorrädern, Autos und per Eisenbahn massenweise an unsere Gewässer, zerstörten rücksichtslos die an den Uferzonen wachsenden Schilfgürteln und trampelten das Röhricht nieder, um so überall und leichter ans freie Wasser zu gelangen. Unverantwortliche Elemente stahlen mehrmals die Bretter und Bohlen der Weingärten-Brücke im Großen Ried.
Für den mit einfachem Angelgerät – der sogenannten Stippangel – Fischenden bildeten Karauschen, Giebel (Karasse), Rotfedern, Rotaugen (Plötzen), kleinere Barsche, gefräßige Kaulbarsche und der immer beißlustige Sonnenbarsch eine ergiebige Beute. Zu einer gewissen Zeit tauchten auch Zwergwelse in den Gewässern auf.
Für die mit technisch entwickelteren Geräten Angelnden bildeten Hechte den Hauptteil ihrer Beute.
Zuletzt angelte ich mit hochwertigen Angelgeräten DAM (Deutsche Angelgeräte Manufaktur) aus Gunzenhausen und Berlin, mit Stationärrollen, Vollglas- und Hohlglasruten, Kunstfaserschnüren usw. Das sogenannte Spinnangeln mit solchen Angelgeräten auf den räuberischen Hecht bildete für mich den interessantesten und erholsamsten Zeitvertreib, obwohl man dabei immer in Bewegung war.
Erlebnisse, dass ein Hecht wie ein Torpedo aus dem Schilfdickicht schießt und auf den vor ihm durchs Wasser geführten taumelnden Blinker oder Spinner, der ihm ein krankes Fischlein vortäuscht, zubeißt und dadurch an dem Drillingshaken (dreifacher Angelhaken) hängenbleibt, kann man kaum vergessen. So was bildet die Faszination am Angeln.
Gute Ergebnisse waren auch mit dem sogenannten System mit totem Köderfisch und beim Posenangeln mit lebendem Köderfisch zu erreichen. Fangerfolge waren außer vom geeigneten Angelgerät auch vom jeweiligen Wetter, von der Jahres- und Tageszeit abhängig. Der Angler musste sich darauf einstellen und – wie überall – spielte auch die Erfahrung eine Rolle.
Trockenlegung des Eldorado
Nach den Kanalisierungsarbeiten und der Trockenlegung der Teiche musste man mit dem Angeln aufhören, weil es kein Angelgewässer mehr gab. Diese Entwässerungsarbeiten sind auf Anregung der damaligen Kollektivwirtschaftsleitung und vor allem auf Bemühen und Betreiben des damaligen Chefingenieurs in die Wege geleitet worden.
Weil die Wirtschaftserfolge der Kollektivwirtschaft im steten Fallen waren, meinte man, dass sich dann, wenn man mehr Ackerland hat, die landwirtschaftlichen Erträge vermehren. Dem war aber nicht so. Brauchbares Ackerland wurde damit nicht gewonnen, denn nach jedem ergiebigeren Regen füllten sich die ehemaligen Teiche mit Wasser und, wenn es auch verdunstete, blieb der Boden doch aufgeweicht und verhinderte so seine Bearbeitung.
Jetzt, wo es die Kollektivwirtschaft nicht mehr gibt und kaum noch jemand an diesen entwässerten Flächen Interesse hat, könnte es möglich sein, dass sich die Natur das zurückholt, was man ihr vor mehr als 30 Jahren genommen hat, und sich renaturiert, wo sie damals geschändet und vernichtet wurde.
Artikel aus dem Heimatblatt 2008 mit Bild-Ergänzungen
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